Gesetzliche Krankenkasse (GKV)

Die GKV und was ihr darüber wissen solltet!
Von Christoph Tiefensee

Wir alle kennen das Problem, dass unsere Schützlinge, sind sie anerkannt und wechseln zum Jobcenter oft Wochen oder gar Monate in der Luft hängen, was die Krankenversicherung betrifft. Ich habe in den letzten Tagen viel telefoniert und einiges an Informationen bekommen.

Also, die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) dürfen unsere Jungs und Mädels erst dann offiziell versichern wenn sie ALG II bewilligt bekommen haben. Das ist bei allen GKV so und vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Dies führt zu der absurden Situation, dass die Flüchtlinge dann zwar auch rückwirkend, nämlich zum Tag ab dem ALG II bewilligt wurde, versichert sind, faktisch aber dennoch in der Luft hängen. Das Problem ist, dass es oft Wochen dauert bis vom Jobcenter nach der Anerkennung ein Termin vergeben wird. Noch problematischer ist es dann, lt. Auskunft der GKV, dass es weitere Wochen dauern kann, bis die Bewilligung von ALG II vom Jobcenter an die GKV gemeldet wird. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass bevor ein Bescheid erstellt werden kann, von der DRV eine Rentenversicherungsnummer vergeben werden muss. In der Regel liegt der Bewilligungsbescheid bei den ALGII – Empfängern dennoch ca. 1-2 Wochen nach dem Termin beim Jobcenter in der Post, was dann wesentlich schneller geht als die Mitteilung des Jobcenters an die GKV.

Wie bereits erwähnt, sind die Flüchtlinge rückwirkend zu dem Tag ab dem ALG II bewilligt wurde versichert. Und das ALG II wird rückwirkend zum Tag der Anerkennung bewilligt. So ist, zumindest auf dem Papier, eine lückenlose Krankenversicherung gewährleistet. In der Praxis sieht das leider so aus, dass bis zum „Nachweis“ der Versicherung, also bis zum Ausstellen der Gesundheitskarte, eine lange Zeit vergeht und ein Arzt die Behandlung ohne Versichertenkarte schlicht ablehnen kann, sofern es sich nicht um einen Notfall handelt. Führt er dennoch eine Behandlung durch, ist er berechtigt, wird die Gesundheitskarte nicht, oder nicht in einer gesetzten Frist vorgelegt, eine Privatrechnung auszustellen. Und die kann richtig ins Geld gehen, da die Privatabrechnungen i. d. R. ein vielfaches der GKV-Leistungen beträgt. Und eine Privatrechnung wird auch von der GKV nicht nachträglich erstattet.

Ich habe mich mal mit meinem Arzt unterhalten. Dort bekam ich dann die Information, dass mit der GKV quartalsweise abgerechnet wird. Anfang des Folgequartals gehen dann alle Behandlungen aus dem aktuellen Quartal an die GKV. Diese zahlt dann i. d. R. gegen Ende des Quartals. Das wiederum bedeutet, dass ein Arzt im Prinzip weder einen Verlust noch eine große Zeitverzögerung bei der Abrechnung hat. Zu einer Verzögerung kann es dabei eigentlich nur kommen, wenn kurz vor Quartalsende jemand kommt, der eben noch keine Versichertenkarte hat. Hier hat mein Arzt aber auch kein Problem, er würde dann einfach im nächsten Quartal abrechen. So schlimm wäre das auch nicht und es gehe ja normalerweise nicht um hohe Beträge. Leider sehen das aber nicht alle Ärzte so locker.

Was könnt ihr nun tun?

Zunächst einmal ist es wichtig, dass ihr zur Beschleunigung des eigentlichen Anmeldeverfahrens beiträgt. Natürlich könnt ihr auf das Jobcenter keinen großen Einfluss nehmen. Was hier allerdings zur Beschleunigung beitragen kann, ist, wenn ihr sobald das Anerkennungsschreiben eingeht, dieses in Kopie an die Stadt Blieskastel (Stabstelle II Migration) weiterleitet. Diese leitet dann die Info umgehend ans Jobcenter weiter. Narürlich könnt ihr, wenn ihr auf Nummer Sicher gehen wollt, dann auch gleich noch eine Kopie beim Jobcenter abgeben. Hintergrund ist hier der, dass das Jobcenter eigentlich von keiner Seite offiziell ein Benachrichtigung erhält. Hier und da „sickern“ da schon mal Informationen durch, das ist aber bei weitem nicht in allen Fällen so, und kann auch recht lange dauern. Und so lange das Jobcenter nichts von der Anerkennung weiß, kann es auch keine Termine vergeben.

Wir können dann aber auch das eigentliche Procedere bei der GKV beschleunigen.

Hierzu bitte ich euch folgendes zu beachten: Sobald die Anerkennung vorliegt, unabhängig von irgendwelchen Terminen beim Jobcenter oder in Lebach, gebt mir bitte Bescheid oder geht zu einer Krankenkasse eurer Wahl. Wichtig ist, dass bei der Antragsstellung eine Kopie des Ausweises und der Meldebescheinigung vorliegt. Ist die Meldebescheinigung nicht auffindbar (kommt hier und da schon mal vor) lasst euch eine neue im Bürgerhaus ausstellen.  Sollen Kinder unter 15 Jahren in der Familienversicherung mitversichert werden, benötigt die GKV auch eine Kopie der Geburtsurkunde, bzw. einen beglaubigten Auszug aus dem Familienregister. Und natürlich müssen diese ins Deutsche übersetzt sein.

Ehepartner und Kinder über 15 Jahren werden nach einer Gesetzesänderung seit dem 01.01.2016 und solange sie ALG II beziehen nicht mehr familienversichert. Hier ist dann für jede Person ein weiterer Antrag zu stellen. Bei Kindern unter 15 Jahren kann man dann wählen bei wem diese mitversichert werden sollen. Sinnvollerweise sollte das bei dem/derjenigen geschehen, der die Kinder im Ausweis eingetragen hat. Haben auch die Kinder einen eigenen Ausweis ist es egal ob sie bei Vater oder Mutter mitversichert werden.

Wenn dieser Schritt abgeschlossen ist, schickt die GKV eine vorläufige Mitgliedsbestätigung zur Vorlage beim Jobcenter. Und zwar nur beim Jobcenter! Mit dieser vorläufigen Mitgliedsbescheinigung kann ein Arzt nicht bei der Krankenkasse abrechnen. Sie kann dort aber zur Argumentation (siehe unten) eingesetzt werden.

Sobald der Bewilligungsbescheid vorliegt macht ihr bitte ein Kopie (kann auch mit dem Handy abfotografiert werden) und sendet diese dann schnellst möglich, entweder, falls die Krankenkasse von mir vermittelt wurde, an mich, oder wenn ihr selbst die Anmeldung übernommen habt, an die jeweilige Krankenkasse. I. d. R. schickt die GKV dann zeitnah ein Schreiben zu, in dem ein Passbild eingeklebt wird. Dieses schickt ihr dann auch umgehend an die Krankenkasse zurück. Ein Freimumschlag liegt i. d. R. bei. Es besteht auch die Möglichkeit, liegt das Passbild in digitaler Form vor, dieses auf der Homepage der GKV hochzuladen. Auch hier gilt: Wenn die GKV von mir vermittelt wurde, schickt mir das Bild per Mail zu und ich lade dieses umgehend hoch.

Ist dies alles geschehen schickt die Krankenkasse innerhalb weniger Tage die Versichertenkarte zu.

Auch wenn alles getan wurde um das Anmeldeprocedere zu beschleunigen, so dauert dies dennoch ein paar Wochen. Was aber ist, wenn in dieser Zeit ein Arztbesuch ansteht? Wie bereits zuvor beschrieben, gibt es durchaus Ärzte die das einigermaßen locker sehen und denen der hypokratische Eid mehr bedeutet als das Bankkonto. Das sind aber bei weitem nicht alle Ärzte. Bitte sprecht vor der Behandlung oder vor einer Terminvereinbarung mit den Ärzten. Vielleicht könnt ihr hier auch euren eigenen Arzt, zu dem ihr ja i. d. R. ein gutes Verhältnis habt, ansprechen, und mit dem zuvor erwähnten Abrechnungsverfahren argumentieren. Wie gesagt, wenn es ganz dumm läuft, muss der Arzt maximal 3 Monate länger, nämlich bis zur nächsten Quartalsabrechnung warten, bis er von der GKV sein Geld bekommt. Dabei ist es ganz wichtig, dass ihr vorher mit dem Arzt darüber sprecht!

Hier noch eine dringende Bitte: Erklärt sich euer Arzt bereit auch ohne Versichertenkarte zu behandeln, dann hängt das bitte nicht an die große Glocke. Es sei denn euer Arzt ist damit einverstanden. Denn, hat es sich erst mal rumgesprochen welcher Arzt hier bei der Abrechnung auch mal ein Auge zudrückt, werden alle versuchen zu diesem Arzt zu gehen. Und das kann dann sehr schnell dazu führen, dass besagter Arzt sehr schnell sein Zugeständnis, das er, und das sei nochmal betont, freiwillig gemacht hat bereut und seine Entscheidung revidiert. Damit ist dann keinem geholfen!

Lässt sich ein Arzt von euren Argumenten nicht überzeugen bleiben noch eine weitere Möglicheiten:

Kann der Arzt eine Rechnung ausstellen. Dies darf aber keine Privatrechnung sein! Bittet den Arzt eine Rechnung in Höhe der Kassenleistung auszustellen. Im Gegensatz zu einer Privatrechnung wird nämlich eine Rechnung über die Kassenleistungen nachträglich von der GKV erstattet. Das Problem dürfte hier aber sein, dass es aufgrund der finanziellen Situation eher schwierig sein wird, dass ein Flüchtling eine solche Rechnung bezahlen kann. Und es ist sehr fraglich, dass der Arzt einem längeren Zahlungsziel zustimmt, denn dann hätte er ja auch über die GKV direkt abrechnen können.

Natürlich könnt ihr euch, in sehr dringenden Fällen, auch direkt an das Jobcenter wenden, dort die Situation schildern und darum bitten, dass der Bewilligungsbescheid bevorzugt ausgestellt wird. Das Ganze aber bitte wirklich nur in Notfällen. Gleichzeitig ist dann auch dei GKV zu verständigen. Diese können dann, sofern das Jobcenter die Zahlung von ALG II bestätigt (dies kann auch telefonisch erfolgen) auch einen „Abrechnungsschein“ zum Arzt oder Krankenhaus schicken. Mit diesem kann der Arzt, bzw. das Krankenhaus genauso abrechnen wie mit der Gesundheitskarte.

Fragen? Fragen!

Für Fragen, Anregungen oder Kritik schickt mir einfach eine Mail an:

ch.tiefensee@online.de