Lange haben sich die Regierungsparteien um das Asylpaket II gestritten, soweit es um den Familiennachzug unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge ging.
Dann hat die SPD ihren Widerstand aufgegeben, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man eine Einzelfallprüfung bei besonderer Härte vereinbart habe. Was diese Äußerung wert ist, zeigen die Antworten des Auswärtigen Amtes und des Innenministeriums auf unsere Anfragen.
Das Aufenthaltsgesetz regelt in § 104, Abs. 13 den Familiennachzug nach Erteilung des subsidiären Schutzstatus:
Bis zum 16. März 2018 wird ein Familiennachzug zu Personen, denen nach dem 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative (Anm.: = subsidiärer Schutz) erteilt worden ist, nicht gewährt. Für Ausländer, denen nach dem 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative erteilt wurde, beginnt die Frist des § 29 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 (Anm: 3-Monatsfrist für den Antrag) ab dem 16. März 2018 zu laufen. Die §§ 22, 23 bleiben unberührt.
Die angesprochenen §§ 22 und 23 des Aufenthaltes beinhalten die humanitären Ausnahmen und betreffen nicht nur unbegleitete Jugendliche.
Dazu schreibt das BMI:
Eine humanitäre Aufnahme in Ausnahmefällen….. setzt jedoch voraus, dass der Ausländer sich in einer besonders gelagerten Notsituation befindet. Erforderlich sind „dringende humanitäre Gründe“. Dies sind nur ganz herausgehobene Gründe, die es erforderlich machen, dass der betroffenen Person in Deutschland Hilfe gewährt wird. Bei der Prüfung eines solchen Antrags werden alle Aspekte geprüft, die für oder gegen eine Aufnahme sprechen. Dies sind insbesondere: eine erhebliche und unausweichliche Gefahr für Leib und Leben des Schutzsuchenden, ein Deutschlandbezug, besondere
Anknüpfungspunkte an ein bestimmtes Bundesland in Deutschland, Kontakte in Deutschland zu Personen/Organisationen, die ggf. bereit wären, Kosten für Aufenthalt/Transport zu übernehmen oder bereits bestehende Kontakte zu anderen Staaten, für die eine Übernahme in Betracht kommen könnte.
Eine Aufnahme kann also nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Humanitäre Aufnahmen aus dem Ausland werden vielfach beantragt – insbesondere von Personen, die sich in unbestreitbar prekären Situationen in Krisen- oder Kriegsgebieten aufhalten (müssen). In der Tat gab es eine politische Einigung, dass die Anträge, die von Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten bei den Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amts gestellt werden, ausnahmsweise im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern entschieden werden. Es wurde für die Bearbeitung dieser Fälle jedoch keine gemeinsame Härtefallkommission von Auswärtigem Amt und
Bundesministerium des Innern eingerichtet; eine solche wird angesichts der sehr geringen Zahl der Fälle auch nicht für notwendig erachtet.
Die politische Zielrichtung ist klar: Den legalen Weg, den notleidenden Familie in Syrien zu helfen, will man versperren, den illegalen mit zweifelhaften Deals unterbinden – irgendwie klang das alles vor wenigen Monaten noch ganz anders.
Angesichts dieser Abschottungspolitik rückt das Kindeswohl in den Hintergrund.
Zahlreiche Jugendliche werden bis zum 16.März 2018 siebzehn Jahre alt sein, rechnet man dann noch die Laufzeit eines Antrages bis zu einem möglichen Nachzug der Eltern dazu, sind sie achtzehn Jahre alt, somit volljährig und gänzlich ohne Anspruch auf Familiennachzug. Diese Auswirkungen sind politisch gewollt. Es reicht eben nicht mehr, dass man im Krieg lebt, hungern muss und täglich fürchten muss, von einer Bombe getötet zu werden, man muss schon ein darüber hinausgehendes Einzelschicksal nachweisen können!
Stellungnahmen diverser Hilfsorganisationen zu diesem Thema finden Sie im Internet unter: