Abdu (30) ist in Eritrea geboren. Schon mit 15 Jahren kam er dort für unbefristete Zeit ins Gefängnis, weil ihm vorgeworfen wurde, er habe anderen Jugendlichen geholfen, aus Eritrea zu fliehen.
Im Gefängnis musste er bei sengender Hitze Hunger, Durst und Schläge und andere Folter erleiden, bis ihm nach
1½ Jahren die Flucht aus dem Gefängnis gelang.
Schnellstmöglich musste er Eritrea verlassen, auf einer qualvollen Flucht schlug er sich zunächst in den Sudan durch. Dort arbeitete er nachts heimlich in einer Bäckerei, bevor Abdu brutal überfallen und schwer verletzt wurde, seinen Job verlor. Mit seinem bis dahin gesparten Geld bezahlte er Schlepper, die ihn nach Libyen brachten. Aber auch in Libyen musste er erneut Todesangst und Verzweiflung erleben und kam in ein Schlepper-Gefängnis, da er nicht genug Geld hatte, um die Schlepper für die weitere Flucht zu bezahlen. Er musste umkehren, zurück in den Sudan.
Dort lernte er seine Frau kennen, das Paar bekam ein Kind. Abdu arbeitete bei einem Textilhändler, bis dieser sein Geschäft aufgab. Die Familie entschied, Abdu solle wieder versuchen, über Libyen nach Europa zu gelangen, lieh sich Geld, verkaufte sämtlichen Schmuck, es reichte aber nur für einen. Für seine Familie war dieser Weg auch zu gefährlich, er wollte sie nachholen, sobald er in Europa angekommen war und genügend Geld verdiente. Wieder ging es durch die Wüste, Abdu musste den Tod von Freunden miterleben, musste zusehen, wie ihre leblosen Körper mitten in der Sahara vom Lkw geworfen wurden.
Schließlich gelang es ihm, in Tripolis mit 300 anderen Flüchtlingen zusammen auf ein Boot zu kommen und über das Mittelmeer nach Europa zu fahren.
In Italien lebte er auf der Straße, konnte sich nur von Abfällen ernähren, wurde mehrfach bestohlen.
Die italienischen Behörden zwangen ihn, sich registrieren zu lassen. Er wurde zwar als Flüchtling anerkannt, fand aber weder Arbeit noch Wohnung, auch keine sonstige Unterstützung. Anerkannte Flüchtlinge bekamen in Italien keinerlei staatliche Hilfen. Sein italienisches Aufenthaltsdokument wurde ihm gestohlen.
Sein Kind erkrankte schwer im Sudan, er hatte keine Möglichkeit, Geld für eine ärztliche Behandlung und Medikamente dorthin zu senden, das Kind starb, seine Frau ließ sich enttäuscht scheiden.
Ein Freund von A. ertrug die furchtbaren Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Italien nicht und brachte sich um.
2015 gelang es ihm schließlich, nach Deutschland zu kommen. Seither lebt er in Blieskastel, erfährt psychiatrische Betreuung und erlangt allmählich seinen Lebensmut zurück in einer Umgebung, der er vertrauen kann – etwas, was er in seinem bisherigen Leben nie kennengelernt hatte.
Er ist immer hilfsbereit, auch ehrenamtlich, und sehr engagiert beim Erlernen der deutschen Sprache mit Unterstützung ehrenamtlicher Helfer. Andere unterstützen ihn bei seinem Weg durch den Bürokratie-Dschungel, besorgten ihm einen Anwalt und halfen bei der Arbeitssuche – dankbar nahm Abdu jede Hilfe an.
Seit nunmehr rund drei Jahren hat er einen unbefristeten Arbeitsplatz als Lagerarbeiter und kann für sich selbst sorgen, benötigt keinerlei staatliche Unterstützung mehr. Seine Vorgesetzten loben seinen Arbeitseifer, seine Sorgfalt, seine Belastbarkeit und sein Organisationstalent.
Im Februar 2022 hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in letzter Instanz entschieden, dass Abdu nach Italien abgeschoben werden muss – so sieht es das Gesetz vor, wenn man in einem anderen Land wie Italien bereits als Flüchtling anerkannt war. Die Zustände in Italien werden nicht als unmittelbar lebensbedrohend bewertet, deshalb sei das „europäische Solidarsystem“ höher zu bewerten als das individuelle Schicksal einer Person.
Inzwischen hat auch die saarländische Ausländerbehörde ein Arbeitsverbot ausgesprochen.
Mit diesen Entscheidungen würde für Abdu in Italien alles wieder von vorne losgehen:
Das Leben auf der Straße, Perspektivlosigkeit, Armut, Todesangst.
Wir sind entsetzt! Wie können wir als Verein Abdu noch vor der Abschiebung bewahren?
Wie inhuman ist eine Gesellschaft, die nicht in der Lage ist, einem Menschen, der solchen Horror erlebt hat, die Sicherheit und Geborgenheit zu bieten, die es ihm ermöglicht, sich ein stabiles Leben aufzubauen?
Wir wollen versuchen, mit Hilfe der Härtefallkommission und auf anderen Wegen zu erreichen, dass die saarländische Landesregierung auf dem Gnadenweg ermöglicht, dass Abdu seinen in Deutschland begonnenen Weg in Frieden fortsetzen kann und nicht in ein Land zurückkehren muss, an das er nur schlimme Erinnerungen hat, die ihn an der Sinnhaftigkeit seines Lebens zweifeln lassen.
Wir sammeln Beiträge, die sich gegen die Abschiebung von Abdu richten, und leiten diese an die Entscheidungsträger in der Landesregierung weiter.
Bitte schreiben Sie an: abdu@fluechtlingshilfe-blieskastel.de